Jugend mischt mit: Attraktivere Kirche mit mehr Mitspracherecht

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  • 25.3.2021
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  • Andreas Attinger
  • Jugendreferat Kirchenkreis Altenkirchen

Jugend mischt mit (2): Jugendlichen mehr Teilhabe in der Kirche zu ermöglichen – das ist das Ziel von vier Modellprojekten der Evangelischen Kirche im Rheinland. In unserer Serie „Jugend mischt mit“ stellen wir sie vor. Im zweiten Teil erklären die Beteiligten aus dem Kirchenkreis Altenkirchen, wie sie es schaffen möchten, Jugendliche stärker in Entscheidungen und Angebote der Kirchengemeinden einzubinden.

Die Vision des Partizipationsprojekts im Kirchenkreis Altenkirchen ist klar: Mehr Jugendliche für die Kirche begeistern und ihnen eine Stimme geben. Dabei geht das Projekt mit bestem Beispiel voran. Denn federführend verantwortlich ist ein derzeit aus zehn Jugendlichen bestehendes Leitungsteam. Das Team entwickelt geeignete Formen der Partizipation und des Austauschs, die den Erfordernissen des ländlichen Raums und der eingeschränkten Mobilität gerecht werden. Unterstützt wird es von den hauptamtlich Mitarbeitenden des örtlichen Evangelischen Jugendreferats , Carola Paas und Michael Utsch. „Das Projekt soll gelebte Partizipation widerspiegeln“, betont Utsch. Passend dazu macht das Team deutlich: Wir möchten aus unserer Blase heraustreten. Wir möchten zeigen, dass Kirche mehr ist als der sonntägliche Gottesdienst.

„So wie Kirche jetzt ist, gewinnst du schwer Jugendliche dazu“

Mittendrin ist Josia. Für den 15-Jährigen ist klar: „So wie Kirche jetzt ist, mit den gewohnten Formaten, gewinnst du schwer Jugendliche dazu.“ Deshalb möchte er seinen Teil dazu beitragen, Kirche attraktiver zu gestalten. Als simples Beispiel nennt er modernere Lieder im Gottesdienst. Die Chance, etwas zu verändern, hat auch Svenja ergriffen. „Ich glaube, die Kirche macht sich das Leben manchmal selbst etwas schwer, indem sie nicht genügend auf die Jugend eingeht, ihr nicht die passenden Angebote macht“, sagt die 24-Jährige.

Kommunikation zwischen Generationen ist das A und O

Damit sich etwas ändern kann, ist für Presbyterin Svenja eine bessere Kommunikation zwischen den Generationen das A und O. „Ältere Menschen denken manchmal, dass Jugendliche noch zu unerfahren sind. Wir wiederum meckern, dass sie nur die Meinung vertreten: ,Das war schon immer so‘“. Deshalb sei es wichtig, miteinander zu reden. Nur so könnten alle voneinander lernen und profitieren. Josia pflichtet ihr bei. „Im Moment entscheiden häufig die Erwachsenen, was für uns Jugendliche gut ist.“ Gehört und gesehen werden wollen die Jugendlichen aber auch außerhalb der Blase. „Viele meiner Freunde, denen ich etwas von Kirche erzähle, denken nur an Gottesdienste. Es ist wichtig, ihnen zu zeigen, dass es viel mehr gibt“, hebt Simon, Mitglied des Leitungsteams, hervor. Der 19-Jährige sieht viel Potenzial darin, Menschen diese Möglichkeiten nahe zu bringen und ist sich sicher: „Der ein oder andere wird positiv überrascht sein.“

Während eines Workshops haben sich die Jugendlichen mit ihren Erfahrungen im Bereich Jugendbeteiligung auseinandergesetzt.

Das Projekt soll vor allem Begegnung schaffen

Corona hinterlässt aber natürlich auch bei diesem Projekt seine Spuren. So beschäftigt das Team derzeit die Frage, ob überwiegend zweigleisig, coronakonform oder für eine Zeit nach Corona geplant werden sollte. Einige Grundsteine wurden dennoch bereits gelegt. Bei einem Workshop beschäftigten sich die Jugendlichen mit Fragen wie: Wie sieht Kirche in Zukunft aus? Und: Wie kann man sich folgenreich in die kirchliche Arbeit einbringen? Bei einem zweiten, digitalen Workshoptag, tauschten sie sich mit Engagierten aus anderen Bereichen wie Fridays for Future, der Jugendpartei PETO sowie der Evangelischen Jugend im Rheinland aus. Neben dem wichtigen Input von anderen Engagierten ist dabei deutlich geworden, dass das Projekt vor allem Begegnung schaffen soll – in allen möglichen Formen. Sobald es möglich ist, soll deshalb eine große Kick-Off-Veranstaltung stattfinden. Bis dahin liegt der Fokus weiter auf digitalen Formaten.

Logo mit Herzschlag als Zeichen der Liebe

Treffen finden online per Videokonferenz statt. Darüber hinaus geht Anfang April eine eigene Projekt-Homepage online. Dort und über einen Instagram-Kanal soll von der Projektarbeit berichtet werden. Das Ziel: der evangelischen Jugend im Kirchenkreis ein ganz neues Gesicht geben. Ein Ausdruck davon ist das Projektlogo. „Uns war wichtig, dass es zeigt, worum es geht“, erklärt die 19-jährige Larissa. Zu sehen ist deshalb eine Kirche, der Schriftzug „Feel the church“ – und ein Herzschlag. „Wir verbinden Glaube immer auch mit Liebe, deshalb fanden wir den Herzschlag passend.“

Online-Umfrage unter Jugendlichen geplant

Bewegt hat sich auf jeden Fall schon etwas. „Vor dem Projekt hatte ich das Gefühl, dass wir immer über die selben Themen reden. Jetzt reden wir über all das, was uns auch im Alltag beschäftigt“, sagt Simon. Dabei seien viele Überschneidungen sichtbar geworden. Um diese Bedürfnisse und Themen noch stärker ins Projekt einbinden zu können, ist für April eine Online-Umfrage geplant. Ziel ist es, am Ende auf Antworten von 200 bis 300 Jugendlichen zu ihren Hobbys, Interessen und Wünschen hinsichtlich der Kirche zurückgreifen zu können. „Wir wollen alle auf unserem Weg mitnehmen“, sagt Svenja. Eine enge Zusammenarbeit mit allen 15 Kirchengemeinden sei dabei selbstverständlich. „Das Tolle ist, dass uns beim Thema Partizipation kaum Grenzen gesetzt sind“, sieht sie viel Raum für Kreativität. Welche Ideen das Team letztlich umsetzt, darüber können sich Interessierte seit Kurzem auch auf www.jugendstyle-ekir.de informieren, der gemeinsamen Homepage der vier Modellprojekte.

Info: Die Jugendpartizipationsprojekte

In unserer Serie „Jugend mischt mit“ stellen wir die vier Modellprojekte der Kirchenkreise Gladbach-Neuss, Altenkirchen, Jülich und Kleve vor. Die Projekte gehen auf einen Beschluss der Jugendsynode 2019 zurück. Darin wurde die die Evangelische Kirche im Rheinland beauftragt, verbindliche Formen der Teilhabe junger Menschen in Gemeinden und Gremien zu schaffen. Diesen Beschluss übernahm die Landessynode 2019. „Sechs Kirchenkreise haben sich dafür beworben, in vier ist es schließlich zu einem Projekt gekommen“, berichtet Roland Mecklenburg vom Amt für Jugendarbeit der rheinischen Kirche. Los ging es im Januar 2020. „Weil Corona die Umsetzung der Projekte ausgebremst hat, ist die ursprünglich für drei Jahre angesetzte Förderung durch die Landeskirche um sechs Monate verlängert worden“, erklärt Mecklenburg.