St. Martin sorgt für Aufregung im Gänsestall: ein Kindermusical als Video

  • Nr.
  • 13.10.2020
  • 5892 Zeichen
  • Theresa Demski
  • Theresa Demski

Eine Absage ihres für St. Martin geplanten Musicals war für Chorleiterin Eva Caspari und den Kinderchor in Wuppertal-Ronsdorf keine Option – auch nicht in Coronazeiten. Also suchten sie nach einer Möglichkeit, die Musik trotzdem erklingen zu lassen. Die Lösung: Mit professioneller Technik produzierten sie mit viel Engagement und Aufwand ein Musical-Video.

>> Der Link zum Film und Infos zu den Mitwirkenden

Aufregung im Gänsestall: Reportage von den Dreharbeiten

Julie und Emma gackern. Aus vollem Halse schicken die beiden Mädchen die Geräusche über den Kirchhof in Ronsdorf. Es fängt leise an zu nieseln, aber Julie und Emma gackern lachend weiter. „Wir sind eben aufgeregte Hühner“, erklären die Mädchen anschließend und müssen ein bisschen kichern. Sie sind sich ihrer tragenden Rollen bewusst, die sie im Musical des Kinderchores übernommen haben. „Die Gänse verraten Martins Versteck mit ihrem Gackern“, erzählt Emma, „und deswegen finden ihn die Leute und wählen ihn zum Bischof“. Und schon gackert die Neunjährige wieder fröhlich.

Musical zu St. Martin: 20 Jungen und Mädchen proben seit Mai

Der Kinderchor in der Evangelischen Kirchengemeinde Ronsdorf steckt mitten in den Proben für die Aufnahmen seines großen Musicals. Weil die Corona-Pandemie eine Aufführung vor vielen Menschen in der Kirche ebenso verhindert wie Chorproben im Gemeindehaus, hat Chorleiterin Eva Caspari eine besondere Idee ausgeheckt. „Für uns kam es nicht in Frage, unser Musical einfach ausfallen zu lassen“, erzählt sie. Gemeinsam mit dem Gemeinde-Techniker Klaus Martin Marrek suchte sie nach Alternativen, um die musikalische Geschichte doch noch erzählen zu können.

Drehpause: Johann, Amelie und Julie halten sich in ihren Kostümen warm.

Die Chorleiterin und der Techniker schmiedeten einen Plan: Sie würden online und später unter freiem Himmel proben, die Szenen mit Videokameras aufnehmen, zusätzliche Termine vereinbaren, um den Gesang einzuspielen und so ein Video erstellen. Kinder und Eltern zogen mit: Seit Mai beteiligen sich 20 Jungen und Mädchen zwischen fünf und elf Jahren an dem Musical-Projekt unter dem Titel „Aufregung im Gänsestall“. Das anspruchsvolle Stück von Julia M. Bonika erzählt die Geschichte von Martin von Tours, der seinen Mantel teilt, sein Leben als Soldat aufgibt, um erst Mönch und später etwas widerwillig auch Bischof zu werden. Der Probenplan ist straff, die Technik ausgefeilt. Das Musical nimmt Gestalt an.

Musik kommt aus der Box, die Kinder singen live

Bei der Probe auf dem Kirchplatz vor der Lutherkirche in Ronsdorf macht der Regen inzwischen eine Pause und Eva Caspari gibt den Kindern den Einsatz, um die nächste Strophe des Gänseliedes anzustimmen. Dazu erklingt über Lautsprecher die Klaviermusik, die sie extra für die Proben eingespielt hat. Katrin Mombächer hat Querflöten-Töne beigesteuert. Emma und Julie stimmen mit hellen, klaren Stimmen ein. Es sei gar nicht so schwer gewesen, den ganzen Text auswendig zu lernen, werden die Kinder später erzählen. Aber jetzt konzentrieren sie sich gut gelaunt auf ihre Singstimmen. Es ist einer der heitersten Momente des ganzen Stückes: Die Gänse verkünden in flottem Rhythmus, das sich Martin im Stall versteckt hat – um der Wahl zum Bischof zu entgehen. Eva Caspari nickt zufrieden, blickt dann in ihren Aufnahmeplan und entlässt die Kinder aus der Gänseprobe.

Ein prüfender Blick auf eine der Kameras: Eva Caspari und Klaus Martin Marrek.

Klaus Martin Marrek hat inzwischen drei Kameras und zwei Mikrofone auf dem Kirchplatz installiert. Der studierte Elektrotechniker hat mit Beginn der Coronakrise seine Affinität für Fotos, bewegte Bilder, Ton und Technik noch ausgebaut. „Am Anfang der Krise ging es um die Übertragung von kleinen Andachten, dann haben wir begonnen, die Gottesdienste aufzunehmen und schließlich zu streamen“, erzählt der Baukirchmeister. Für das Videoprojekt habe er sich dann noch in Sachen Schnitt schlau gemacht. Kaum hat er an diesem regnerischen Montag die Technik aufgebaut, schlüpfen die Kinder in ihre Kostüme und spielen die letzten beiden ausstehenden Szenen. Emma übernimmt jetzt die Rolle eines Hauptmanns. Johann schlüpft in sein Soldaten-Kostüm. Julie verwandelt sich in eine Magd. Und Luise spielt den ängstlichen Martin, der schließlich doch zum Bischof gewählt wird.

Alle sind gespannt auf das fertige Video

Der Gesang wird später über die Bildspur gelegt, fürs erste können sich die Kinder jetzt auf das Spiel konzentrieren. „Ich bin total gerne Schauspielerin“, erklärt Emma in einer kleinen Drehpause, „und dass ich dazu noch singen kann, passt perfekt“. In den vergangenen Wochen hat der Chor schon Station auf einem Permakultur-Hof gemacht, um die ländliche Stimmung einzufangen. Die Kinder sind mit Pferden im Wald unterwegs gewesen, um bewegte Bilder von der Mantelteilung zu drehen. „Das war toll“, erzählt Emma. Nun ist sie gespannt auf den Moment, wenn Eva Caspari und Klaus Martin Marrek den Kindern das fertige Video vorstellen. Die Chorleiterin und der Techniker werden Fotos, bewegte Bilder und den Ton nun zusammenbringen.

Kinder verwandeln sich in Schauspieler: Luise (l.) und Emma sind in ihrem Element.

„Dieses Projekt war sehr aufwändig“, resümiert Eva Caspari unterdessen. Um die Coronaauflagen einzuhalten, haben die Chorproben immer unter freiem Himmel stattgefunden – auch als es kälter wurde. Sie habe die Kinder stets an Abstände erinnert. Kameras, Mikrofone und die Technik wollten eingestellt und bedient werden: „Wir sind alle an den Herausforderungen gewachsen“, sagt die Chorleiterin, „und vor allem hatten wir viel Spaß“. Das fertige Video will die Gemeinde über ihre Homepage veröffentlichen – spätestens zum Martinstag am 11. November und damit Ronsdorf wieder zum Klingen bringen.