Deutsche Gemeinde in Australien feiert hoffnungsvolle Weihnachten – mit rheinischem Frohsinn

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  • 22.12.2020
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  • Aaron Clamann
  • Yasmina Buhre Dreifaltigkeitsgemeinde Melbourne

Die evangelische Dreifaltigkeitsgemeinde in Melbourne (Australien) hat sich auf  ein Weihnachten vorbereitet, das von Deutschland aus betrachtet sehr besonders wirkt. Die Arbeit der deutschen Kirche Down Under sendet ein Signal der Hoffnung und ein gutes Beispiel für rheinisches Miteinander.

Für viele Christinnen und Christen zwischen Kleve und Saarbrücken dürfte der Gedanke an über 20 Grad und Sonnenschein beim Schmücken des Weihnachtsbaums ungewohnt sein. In Melbourne sind solche Umstände aber eher die Regel. Doch das ist nicht der einzige Unterschied zwischen Australien und Deutschland in diesen Tagen.

Corona-Infektionszahlen in Melbourne sehr gering

Denn während in Deutschland Schlagzeilen über immer höhere Infektionszahlen mit dem Coronavirus den Alltag bestimmen, sind die Ansteckungsraten in großen Teilen Australiens statistisch kaum der Rede wert. Sind es in Deutschland in den vergangenen Tagen bis zu 33.000 Neuansteckungen (bei rund 83 Millionen Einwohnern) pro Tag gewesen, waren es in Australien nach Angaben der US-Universität Johns Hopkins maximal 43 (bei rund 25 Millionen Einwohnern). Zwar steigen die Zahlen rund um Sydney wieder an, in Melbourne ist davon jedoch noch nicht viel zu spüren (Stand 21.12.2020). „Wir hatten einen langen und harten Lockdown von über drei Monaten“, berichtet Yasmina Buhre, Gemeindepädagogin der Dreifaltigkeitsgemeinde. Buhre hat vor dem Umzug nach Australien in Köln gelebt.

Auch nach Lockdown setzt Dreifaltigkeitsgemeinde auf Vorsicht

Nun aber steckt die Gemeinde mitten in den Vorbereitungen für die Weihnachtstage. Drei Gottesdienste finden alleine an Heiligabend statt: eine eher klassische Christvesper, ein Gottesdienst mit Weihnachtsgeschichte und Gesang und ein „Krippenspiel to go“. Das Krippenspiel, das vor allem für Familien gedacht ist, findet vor der Kirche statt. Denn ganz ohne Hygiene- und Abstandsmaßnahmen geht es in Australien auch nicht. „Bei der Planung war es uns wichtig, den Familien etwas anbieten zu können, das wir in einem sicheren Rahmen vertreten können“, sagt Buhre. Geprobt wurde daher auch auf Abstand und mit Maske.

Gemeinde erwartet bis zu 100 Besucherinnen pro Gottesdienst

Unter diesen Umständen kann die Gemeinde bis zu 100 Besucherinnen und Besucher pro Gottesdienst empfangen. Das ist weniger als die rund 400 Personen in den vergangenen Jahren, aber immer noch mehr als es in deutschen Kirchen sein werden.

So sahen Gottesdienste in der Dreifaltigkeitsgemeinde in Melbourne zuletzt aus. Foto: Yasmina Buhre

Melbourne blickt auf monatelangen Lockdown zurück

Bis zu diesem Punkt war es aber ein harter Weg. Melbourne hat viele Monate des Lockdowns hinter sich. Einreisen durften nach Australien zeitweise nur Staatsbürger oder Personen mit dauerhafter Aufenthaltserlaubnis. Und auch im Inland galten strenge Reisebeschränkungen, ein Großteil der Geschäfte in Melbourne blieb monatelang geschlossen. Die Auswirkungen sind noch heute zu sehen: weihnachtlich geschmückte Einkaufszentrum und Fußgängerzonen, die aber gespenstisch leer sind, weil viele Geschäfte den Lockdown nicht überlebt haben. Da drängt sich die Frage auf, was solch eine Zeit der Entbehrungen für das Gemeindeleben in einer Stadt bedeutet, in der Feiern auch in der Adventszeit großgeschrieben wird. Und gibt es vielleicht Tipps für die rheinischen Gemeinden?

In Melbourne sind auch Bahnstationen geschmückt, Geschäftspassagen aber oft verwaist. Foto: Yasmina Buhre

Was können deutsche Gemeinden davon lernen?

Der Lockdown sei eine sehr ungewöhnliche Situation gewesen, berichtet Pfarrer Christoph Dielmann. Vor seinem Start in Melbourne im Jahr 2014 war er 15 Jahre lang Pfarrer in der Thomaskirche in Düsseldorf. Tipps – gerade von oben herab – würden sich in der aktuellen Situation in seiner alten Heimat fast verbieten. „Es könnte aber Chancen für eine bessere Eins-zu-eins-Kommunikation geben“, so Dielmann. Die Gemeinde habe gute Erfahrungen mit Telefon- oder Zoom-Konferenzen gemacht, die wöchentlich oder sogar täglich stattgefunden hätten. „Diejenigen, die zu viel Zeit zum Grübeln haben, brauchen ein Forum der Aussprache“, sagt Dielmann und ergänzt: „auch bei schwierigen oder schrägen Ansichten“ zur aktuellen Lage. Gerade einsamen Gemeindemitgliedern und Familien habe das sehr geholfen.

Gemeinde hat in der Corona-Zeit digitale Angebote ausgebaut

Zudem habe die Gemeinde ihre digitalen Angebote auch in sozialen Netzwerken ausgebaut. Ein Schritt, der nicht nur im Lockdown begründet liegt. Denn das Einzugsgebiet der Gemeinde erstreckt sich über 100 Quadratkilometer. In der rheinischen Kirche umfasst noch nicht mal ein Großteil der Kirchenkreise diese Fläche. Über digitale Angebote habe die Gemeinde viel mehr Altersklassen in der Gemeinde erreicht und stetigen Kontakt gehalten. Zudem habe man Kontakt zu Familien erhalten, die vorher keine Berührungspunkte mit der Kirche hatten.

Pfarrer Christoph Dielmann (Mitte) bei der Aufzeichnung eines Gottesdienstes. Foto: Yasmina Buhre

Gemeinde vermittelt rheinische Traditionen in Australien

Die neuen Gemeindemitglieder werden wohl auch in den Genuss rheinischer Traditionen kommen. „Wir haben es geschafft, die im Februar stattfindende „Faschingsparty“ für Kinder in der Gemeinde in „Karnevalsparty“ umzuformulieren“, sagt Yasmina Buhre. In der Adventszeit hingegen könnten Kirchenmitglieder aus Deutschland sich dann aber vielleicht auch australische Traditionen abgucken. So seien viele Weihnachtspartys in Australien ohne biblische Verkündigung und Besinnung zwar gewöhnungsbedürftig, „allerdings täte es so manchem tiefsinnigen ernsten Deutschen auch ganz gut, Weihnachten als Party zu feiern und zu tanzen”, meint Christoph Dielmann.

Kann die Zusammenarbeit zwischen einer Kölnerin und einem Düsseldorfer gut gehen?

Bleibt am Ende nur die Frage: Wie klappt eigentlich die Zusammenarbeit zwischen einer Exil-Kölnerin und einem Exil-Düsseldorfer in Down Under? Schließlich berichtet der Pfarrer scherzhaft, dass er doch um den halben Erdball vor den Kölnern geflohen sei. „Die rheinische Frohnatur und Offenheit hilft“, sagt Yasmina Buhre. Und auch zu Zeiten der Pandemie gibt Dielmann zu: „Uns verbindet rheinischer Frohsinn und Frömmigkeit met Himmel un Ääd.“

Info: Die Dreifaltigkeitsgemeinde in Melbourne

Die Dreifaltigkeitsgemeinde in Melbourne bildet eine Altar- und Kanzelgemeinschaft mit der Lutheran Church of Australia (LCA). Sie ist mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verbunden. Die erste Sprache der Gemeinde ist Deutsch und so finden auch die Gottesdienste auf Deutsch statt. Zur Gemeinde gehören Krabbel-, Kinder- und Jugendgruppen sowie Senioren- und Erwachsenenkreise.