Pressemitteilung

Die Unwetterkatastrophe und ihre Folgen für Kitas

  • 28.10.2021
  • Andreas Attinger
  • Diakonie Michaelshoven/Evangelische Kita „Am Bielert“ Leverkusen-Opladen/Evangelische Kita Leverkusen-Schlebusch

Die heftigen Unwetter im Juli haben zahlreiche evangelische und diakonische Kindertagesstätten hart getroffen. Ganze Einrichtungen wurden zerstört. An einen normalen Kitabetrieb ist vielerorts noch lange nicht zu denken. Wir haben mit Mitarbeitenden über die Katastrophe und ihre Folgen gesprochen. Die Geschichte ist Teil der neuen Ausgabe des Evangelischen Elternmagazins Zehn14, die am 15. November erscheint.

Zehn14 liefert Wissens- und Lesenswertes zu Glaubens- und Erziehungsfragen.

„Man begreift es erst, wenn man es selbst gesehen hat“, sagt Sandra Faust, Leiterin der evangelischen Kita Volberg in Rösrath (Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch). Sie kann sich noch genau an die Tage rund um das Unwetter erinnern. „Ich war im Urlaub, als mich die schrecklichen Bilder erreicht haben.“ Zügig reiste sie zurück, um nach der Kita zu sehen. „Fenster waren zerborsten, teilweise war der Estrich hochgekommen. Heizungen waren herausgerissen“, schildert sie die Schäden an der Kita. Diese liegt nur rund 50 Meter entfernt von der Sülz, die über die Ufer getreten war. „Allein im Gebäude stand das Wasser 1,60 Meter hoch.“ Inzwischen befindet sich die Kita im Rohbau. „Wir möchten sie moderner und widerstandsfähiger gegen Hochwasser sanieren.“

Kinder sind bei Regen aufmerksamer

Weil sich Ende Juli Übergangslösungen ergeben haben, musste die Sommerschließzeit nur um zwei Tage verlängert werden. „Eine Gruppe ist in der diakonischen Kita Villa Hügel in Rösrath untergekommen, die anderen beiden Gruppen in Containern der Stadt.“ Mit dem Umzug seien einige Herausforderungen verbunden gewesen: neue Arbeitsbedingungen, weniger Spielraum bei der Personalplanung durch getrennte Standorte sowie längere Anfahrtswege. Das wirbele die Tagesstruktur durcheinander. „Manche Familien haben zudem alles verloren.“ Für die Kinder seien die Umstände zwar oft eher spannend, es gebe viel Neues zu entdecken. Dennoch habe die Flut auch bei ihnen Spuren hinterlassen. Bei Regen und Wasser sind sie aufmerksamer als früher, wie Faust an einem Erlebnis verdeutlicht: „Beim Spaziergang haben sie eine Pfütze genau angeschaut und dann gesagt: ,Das Wasser steigt nicht, alles gut‘.“

Kita-Leiterin Sandra Faust beim Entrümpeln der Kita Volberg.

Jedes Kind kennt Betroffene

Ähnliches weiß auch Ingrid Hermle, Leiterin der Kita der Evangelischen Friedenskirchengemeinde Erftstadt (Kirchenkreis Köln-Süd), zu berichten. „Die Kinder reden immer wieder übers Wasser. Das Thema ist nicht mehr nur mit Freude verbunden.“ Jedes Kind kenne jemanden, der betroffen ist – oder ist es selbst. „Der Vater eines Kindes musste zwei Stunden auf dem Autodach ausharren, bis er mit einem Hubschrauber gerettet wurde.“

Die Wassermassen haben in der Kita Volberg große Schäden hinterlassen.

Starkregen überflutet Kita in Erftstadt

Die Kita selbst ist laut Hermle vom Starkregen komplett überflutet worden. „Wir hatten eine Woche geschlossen, um in ein Gemeindehaus umzuziehen. Viele Menschen haben uns geholfen.“ Die Räumlichkeiten seien okay, aber eben nicht kitagemäß. „Das macht den Betrieb anstrengender für die Mitarbeitenden.“

„Man hat keine Zeit, das aufzuarbeiten“

Hinzu komme, dass manche aus dem Team privat betroffen seien. „Das wirkt sich auf die Grundstimmung aus. Man hat aber keine Zeit, all das aufzuarbeiten.“ Wann der Betrieb wieder normal läuft, steht auch in Erftstadt noch in den Sternen. „Zum einen ist es schwer, Handwerker zu bekommen. Zum anderen ist finanziell noch nicht alles geklärt.“ Es gelte nun, abzuwarten, wie es weitergehe. „Wir wollen die Freude an der Arbeit nicht verlieren, das ist aber natürlich nicht so einfach.“

Geduld ist auch in Köln gefragt

Geduld ist auch für einige Einrichtungen des Evangelischen Kitaverbands Köln-Nord gefragt. Dort hat Starkregen zu Wasserschäden in mehreren der 14 Kitas geführt. „Zwei Einrichtungen in den Stadtbezirken Nippes und Chorweiler sind so stark beschädigt, dass die Gruppen nach wie vor in einem Ausweichquartier sind“, berichtet Claudia Klausmeyer von der Fachberatung für Kindertageseinrichtungen des Kitaverbands Köln-Nord. Nun gelte es, die Gutachten abzuwarten. „Dann sehen wir, wo welche Maßnahmen erforderlich sind.“

Die Kita-Schlebusch musste große Teil der Einrichtung entsorgen.

Kraftakt für Eltern und Mitarbeitende

In den Tagen nach der Flut ist es laut Klausmeyer vor allem darum gegangen, die Feuchtigkeit mit Trocknungsgeräten zu beseitigen und Ausweichquartiere zu finden. „Die Schäden haben den Kita-Alltag durcheinandergewirbelt. Innerhalb kurzer Zeit mussten die Teams in Provisorien ziehen und sich dort zurechtfinden.“ Die Eltern müssten nun mehr Zeit für die Anfahrt einplanen. „Dass der Betrieb wieder zügig starten konnte, ist der schnellen Hilfe der örtlichen Kirchengemeinden zu verdanken“, betont Klausmeyer.

„Die Solidarität ist groß“

Begeistert von der Unterstützung aus der Bevölkerung ist auch Karin Kraus, Leiterin der evangelischen Kita „Unterm Himmelszelt“ in Leverkusen-Schlebusch. Ihre Kita liegt direkt an der Dhünn. Aus dem sonst eher beschaulichen Zufluss der Wupper wurde durch den Dauerregen ein Strom, der die Einrichtung überflutete. „Kitas aus ganz Deutschland haben Spenden für uns gesammelt. Die Kirchengemeinde hat ebenfalls sofort Unterstützung zugesagt“, berichtet Kraus von Hilfsangeboten. Und der SV Schlebusch habe bereits zwei Benefizveranstaltungen für die Kita organisiert. „Die Solidarität ist groß.“

Verwüstet wurde auch die Kita in Leverkusen-Opladen.

In Leverkusen-Opladen muss alles entsorgt werden

Kraus selbst kam „mit der großen Welle“, wie sie sagt. Zum 1. Juli übernahm sie die Leitung der Kita Schlebusch. Zwei Wochen später begannen die Unwetter. Noch schlimmer als ihre Kita habe es die evangelische Kindertagesstätte „Am Bielert“ in Leverkusen-Opladen getroffen. „Dort musste alles entsorgt werden.“

Kita-Teams blicken nach vorne

Die beiden Kitas fanden glücklicherweise zügig Zuflucht: im Gemeindehaus der Kirchengemeinde Schlebusch und im Gemeindehaus Quettingen. „Die Situation ist für alle körperlich und geistig sehr anstrengend“, berichtet Kraus. „Dennoch sind beide Kita-Teams gut angekommen.“ Für die Kinder seien die neuen Räumlichkeiten ohnehin wie ein Abenteuerland. „Das ist wie der Dachboden früher bei Oma und Opa.“ Die Eltern wiederum seien einfach erleichtert, dass der Betrieb weitergehe. „Viele von ihnen sind schon genug gebeutelt durch die Pandemie.“ Wann wieder Normalbetrieb herrscht, ist noch ungewiss. Eines ist aber auch hier klar: Der Blick soll nach vorne gerichtet werden. „Wir schaffen das, weil wir alle an einem Strang ziehen“, ist Kraus optimistisch.

Info: Ausgabe #17 des Elternmagazins Zehn14

Die 17. Ausgabe des Evangelischen Elternmagazins Zehn14 erscheint am 15. November 2021. Das Magazin bietet Wissens- und Lesenswertes zu Erziehungsfragen und Glaubensthemen. Die Titelgeschichte der kommenden Ausgabe widmet sich dem Umgang von Kindern mit Tod und Trauer. Außerdem erfahren Sie unter anderem, wie das Evangelische Literaturportal mit Bilderbüchern Lust auf die Entdeckung der Schöpfung Gottes macht, was Mütter zum Posten von Kinderfotos auf Social-Media-Plattformen sagen und was es mit Story Bags auf sich hat. Zehn14 ist ein Gemeinschaftsprojekt des Evangelischen Presseverbands für Westfalen und Lippe e.V. und der Evangelischen Kirche im Rheinland. Das Magazin erscheint zweimal im Jahr und kann von Kitas und Kita-Trägern zur Weitergabe an Eltern sowie von Privatpersonen abonniert werden. Infos zum Magazin sowie zur Bestellung gibt es unter www.zehn14.de .