Lüftungspausen zwischen zwei Gottesdiensten

Die Empfehlungen für das Heizen und Lüften, die wir im September gegeben haben, beziehen sich auf die Situation der Durchführung einzelner Gottesdienste während der Heizperiode. Dabei wird davon ausgegangen, dass üblicherweise nicht mehrere Gottesdienste direkt aufeinander folgen. An den Weihnachtstagen sieht dies in vielen Gemeinden allerdings anders aus.

Wir müssen davon ausgehen, dass die meisten Kirchenräume nur unzureichend gelüftet werden können, da keine genügend großen Fensterflächen geöffnet werden können. Gerade die historischen, oft hohen Räume verfügen nur über relativ kleine Lüftungsklappen, die kaum Luftaustausch ermöglichen. Auch Querlüften gelingt dort in den seltensten Fällen. Am Ende spielt beim Lüften der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle.

Welche Pause sollte zwischen zwei Gottesdiensten eingehalten werden?

Diese Frage haben wir den Fachleuten vom Netzwerk Energie & Kirche gestellt. Deren Antwort macht deutlich, dass die Frage nicht pauschal beantwortet werden kann:

„Grundsätzlich sollte der Kirchenraum erst wieder genutzt werden, wenn sich die potenziell vorhandene Virenbelastung abgebaut hat. Bei der Abschätzung der dafür notwendigen Zeit sind drei Vorgänge zu berücksichtigen:

1. Die Effektivität des Lüftens

Hier liegen fast keine belastbaren Erkenntnisse vor. Insbesondere die Frage, wie viel Luftaustausch bei den wahrscheinlich recht trockenen Raumluftzuständen möglich ist, ohne die 50-Prozent-Grenze zu unterschreiten, ist nicht bekannt. Daher wird dieser Effekt hier nicht weiter bei der Abschätzung berücksichtigt. Wir würden aber schätzen, dass man bei einer 15-minütigen Stoßlüftung vielleicht 10 bis 15 Prozent der Raumluft austauschen kann. Aber wie gesagt, eine wirklich belastbare Zahl ist das nicht.

2. Der natürliche Luftaustausch durch die Undichtigkeiten am Gebäude

Klassische Kirchengebäude sind sehr undicht. Erfahrungswerte zeigen, dass selbst bei Windstille von einem Luftwechsel von 0,11/h auszugehen ist. Die verbleibende Virenkonzentration lässt sich daher grob abschätzen zu (1-0,1)Dauer. Demnach wäre nach sechs Stunden durch Luftaustausch durch Undichtigkeiten am Gebäude die Konzentration auf 53 Prozent gesunken.

3. Die Lebensdauer der Viren

In Studien wurde festgestellt, dass nach 2,74 Stunden die Hälfte der in der Luft befindlichen SARS-CoV-2-Viren abgestorben sind. Demnach wäre nach rund sechs Stunden nur noch weniger als 25 Prozent der ursprünglichen Virenbelastung vorhanden. (vgl. van Doremalen, 2020)

Wahrscheinlich auch kürzere Zeiten ausreichend

Nimmt man nun beide Effekte zusammen, dann wäre nach sechs Stunden rein rechnerisch nur noch rund 13 Prozent der ursprünglichen Virenkonzentration gegeben. Auch wenn man auf der Basis dieser Argumentationskette keine exakte Pausenlänge zwischen zwei Nutzungen im Kirchenraum angeben kann, so erhält man doch ein Gefühl dafür, in welchen Zeiträumen wir uns bewegen. Wahrscheinlich wird man in den allermeisten Fällen auch mit kürzeren Zeiträumen auskommen, aber wenn man eine Empfehlung formuliert, dann muss sie auch bei Windstille und für Kirchen anwendbar sein, die quasi nicht zu lüften sind.“

Quelle: van Doremalen, Neeltje, e.a. (2020), Aerosol and surface stability of HCoV-19 (SARS-CoV-2) compared to SARS-CoV-1, 9.3.2020, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.03.09.20033217v1.full.pdf, abgerufen am 12. November 2020

  • Jens Peter Iven
  • Ralf Peter Reimann